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08.04.2020, 10:59 |
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Liebe Forumsteilnehmerinnen und -teilnehmer,
da bereits ein Thread über die Verwendung von Sprache (bezüglich des Begriffes "dead heading" läuft, komme ich mal mit einem ganz anderen, für mich als Medienmacher für die Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde aber sehr viel tragweiterem Thema daher, das mir wirklich wichtig ist:
Es geht mir um die Genderisierung unserer Schriftsprache in unseren Veröffentlichungen. Unsere deutsche Muttersprache ist männlich dominiert, wenn auch nicht ausschließlich männlich orientiert. Im Zuge des Bemühens um Gleichberechtigung in erster Linie von Frauen (andere Geschlechtsvarianten lasse ich mal einfachheitshalber aus) auch in unserer Sprache sind Vorschläge dazu seit Jahrzehnten bekannt, die nun immer mehr in Medien einfließen. Beispielsweise gibt es das große "I" - womit etwa bei einer Verwendung des Begriffes "Rosenfreunde", dieser in "RosenfreundInnen" umgewandelt werden kann.
Bisher habe ich mich sprachlich so bewegt, dass ich aufgelöst habe in etwa "Rosenfreundinnen und Rosenfreunde" oder etwa eine Verlaufsform verwendet habe wie beispielsweise statt "Besucher" die substantivierte Verbform "Besuchende". Das führte in einem Text im Rosenbogen 1/2020, S. 16, "offene Gärten" dazu, dass ich das Manuskript von Ulf Siebert in dieser Weise bearbeitet habe und offenbar über das Ziel, beiden Geschlechtern gerecht zu werden, hinaus geschossen habe. Für diesen Beitrag habe ich eine harsche Leserkritik einstecken müssen im Sinne davon, dass er sprachlich entstellt sei. Auch wenn die Form der Kritik mich nicht gerade begeistert hat, verstehe ich den Kern dabei. Ich habe in dieser Bearbeitung dazu beigetragen, dass der Text holperiger zu lesen war. Das ist leider bei der Nennung beider Geschlechter oder ausweichenden Formulierungen nicht vermeidbar.
Meine derzeitige persönliche Haltung für Texte ist folgende: In direkten Anreden würde ich stets beide Geschlechter ansprechen - beispielsweise läuft das so ja schon im Vorwort. Handelt es sich um sehr formale Texte mit offiziellem Charakter, halte ich es für wesentlich, dass alle Geschlechter auch dort klar benannt werden. Das wären meiner Ansicht nach Gesetzestexte, Stellenausschreibungen oder Ähnliches.
Mein Problem ist der Fließtext. Hier kann ein politisch gewiss korrektes, konsequentes Durchgendern dazu führen, dass ganze Satzkonstruktionen etwa mit Artikeln und Pronomen bzw. Verbformen sich derart aufblähen, dass man die Lust am Lesen verliert und Inhalte ins Hintertreffen geraten. Als Autor schließe ich darum mich den Ausführungen von Arthur Brühlmeier an, die ich im Frühling gelesen habe - hier der Link: http://www.bruehlmeier.info/sprachfeminismus.htm - für mich fällt da nicht ins Gewicht, dass er aus der Schweiz stammt. Er plädiert - als Fazit - dafür, zwischen sprachlichem Geschlecht und faktischem Geschlecht zu unterscheiden und ist der Ansicht, im Wesentlichen alles so zu belassen, wie es etwa zu unserer Schulzeit war.
Klar, ich bin ein Mann und kann mich schlecht in eine Frau hineinversetzen, die sich sprachlich eventuell nicht angesprochen fühlt, wenn beispielsweise von "Hobbygärtnern" geschrieben wird - also ob sie sich durch diesen Begriff sogar ausgeschlossen fühlt. Und ich erkenne an, dass sich auch eine Schriftsprache weiterentwickelt.
Aber ich sehe auch, dass eine sprachliche Eleganz und Genauigkeit verloren geht, wenn man durchgendert. Bisher hat mich noch kein Entwurf dahingehend überzeugt. Da Schreiben meine Arbeit ist und ich diese Tätigkeit sehr gerne ausübe und stets versuche, anschaulich und unterhaltsam zu formulieren, stoße ich in meiner täglichen Arbeit an echte Grenzen und neige derzeit dazu, eher nicht zu gendern.
Doch ich bin in meiner Entscheidung selbstverständlich für die Medien der Deutschen Rosengesellschaft (der neue Begriff umgeht ein Gendern - was ich hier klasse finde, weil er griffig und prägnant ist) nicht autark und kann und will für meine Arbeit dabei das nicht selber entscheiden. Derzeit läuft eine entsprechende Anfrage an den Vorstand, die allerdings noch nicht wirklich weitergekommen ist. Von der Geschäftsstelle kamen nachvollziehbare Bedenken, der Linie von Brühlmeier zu folgen - und auch wenn ich selbst diese Einwände nicht teile, respektiere ich das voll und ganz.
Mir ist wichtig, ein Meinungsbild zu bekommen, wie Sie als Rosenfreundinnen und Rosenfreunde das beurteilen.
Wie soll eine Sprachregelung aussehen? Was ist Ihnen wichtig? Worauf achten Sie beim Lesen von Texten?
Mir ist klar, dass dieses Thema viele hier nerven kann und das es als lästig empfunden werden kann, sich damit zu beschäftigen. Und alle, die sich hier heraushalten wollen, verstehe ich absolut. Und mir ist auch klar, dass hier im Forum keine repräsentative Umfrage gestellt werden kann, die zu einem validen Votum führt.
Ich würde mich dennoch sehr freuen, wenn ich Argumente und Haltungen kennen lernen kann, die in die Meinungsbildung einfließen.
Wie gesagt: Ich will es mir nicht so einfach machen, als Redakteur das einfach selbst zu bestimmen - aber ich schwimme etwas hinsichtlich einer klaren Regelung. Mir ist einfach wichtig, die Haltung unserer Gesellschaft auch in unseren Medien abzubilden.
Hier ist Andreas Barlage am Werke. Der veröffentlichte Name ist nicht nur eine Hommage an eine meiner Lieblingsrosen, sondern auch ein Leitbegriff der mir für mein Leben wichtig ist. Übersetzt werden kann er mit „Mitgefühl“.
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